Endlich Rechtssicherheit für Notfallsanitäter – Malteser im Bezirk Neckar-Alb setzen neue Verordnung schnell um

Jahrelang waren die Rettungsdienste im Land zu einer Arbeit in einer rechtlichen Grauzone verpflichtet: Die Notfallsanitäter, die aus dreijähriger Ausbildungsberuf 2014 eingeführt wurden, sind dafür ausgebildet, Menschen in Notlagen auch durch die Gabe von Medikamenten zu versorgen. Rein rechtlich obliegt der Einsatz von Medikamenten allerdings den Ärzten – weshalb die Notfallsanitäter, die mit dem Rettungswagen zu Patienten ausrücken, vor der Wahl standen, einen Notarzt nachzufordern, oder ihm Rahmen der „rechtfertigenden Notstandes“ auf eigene Verantwortung zu handeln. Der Umgang mit der rechtlichen Unsicherheit wurde zur alltäglichen Routine – jetzt aber hat der Gesetzgeber gehandelt: Notfallsanitäter dürfen ihr erlerntes Wissen künftig zum Wohle ihrer Patienten nutzen, ohne sich dafür in rechtliche Grauzonen zu begeben. Die Malteser Neckar-Alb setzen die neuen Möglichkeiten, die ab dem 1. Juli in Baden-Württemberg gelten, zügig um. Eigens hierfür wurde die Stelle des ärztlichen Verantwortlichen Rettungsdienst (ÄVRD) geschaffen.

Marc Riedling fungiert bei den Maltesern Neckar-Alb, die in den Landkreisen Esslingen, Reutlingen, Tübingen und im Zollernalbkreis insgesamt 90 Notfallsanitäter in der Notfallrettung beschäftigen, ab sofort als ärztlicher Verantwortlicher Rettungsdienst. Die Aufgabe des erfahrenen Notarztes ist es, die vom Land geforderte Qualitätssicherung zu gewährleisten. Denn damit die Notfallsanitäter ihr ganzes Können rechtssicher einsetzen können, ist neben dem Bestehen des Staatsexamens noch eine zusätzliche Zertifizierung notwendig. „Im Rahmen eines E-Learnings zeigen die Notfallsanitäter, dass sie sich mit der aktuellsten Version der Handlungsempfehlungen auskennen“, erklärt Magdalena Keltsch, die das Sachgebiet Aus- und Weiterbildung bei den Maltesern Neckar-Alb verantwortet. Parallel dazu prüft Marc Riedling anhand der Protokolle aus dem Einsatzgeschehen die fachliche Arbeit der Notfallsanitäter in der Praxis. Am Ende folgt ein Einzelgespräch des jeweiligen Notfallsanitäters mit dem erfahrenen Notarzt – dann kann Riedling die nötigen Zertifikate ausstellen, um die Durchführung ärztlicher Maßnahmen an die Notfallsanitäter zu delegieren. Im Anschluss haben diese die Berechtigung, die rund 30 Medikamente, die auf einem Rettungswagen standardmäßig mitgeführt werden, anzuwenden, um den Patienten zu helfen.

„Dabei geht es etwa um zu inhalierende Medikament gegen Luftnot“, erklärt Riedling. Für die Patienten sei dies eine enorme Hilfe, da nun nicht mehr auf das Eintreffen des Notarztes gewartet werden müsste. „Es gibt kein schlimmeres Gefühl als das, zu ersticken“, weiß der 41-Jährige. Eine deutliche Linderung würden auch blutdrucksenkende Medikamente in einer akuten Krise bringen, so Riedling weiter. „Bisher waren die dafür notwendigen Medikamente ganz klar im ärztlichen Verantwortungsbereich definiert“, sagt Riedling, der selbst seine Fortbildung in Notfallmedinzin 2016 beendete und seither als Notarzt tätig ist. „Letztlich sind diese Medikamente eher Kleinigkeiten, mit denen man mit Vorsicht und Eigenverantwortung aber viel bewegen kann, um den Patienten schnell und effektiv zu helfen.“

Rund vier Stunden pro Notfallsanitäter wird Riedling schätzungsweise brauchen, um die notwendige Zertifizierung unterzeichnen zu können. „Und wir machen uns jetzt schon Gedanken um die Rezertifizierung“, betont Magdalena Keltsch. Doch diese Abläufe garantieren, dass die Notfallsanitäter der Malteser stets auf der Höhe der Zeit ausgebildet sind – und den Notfallpatienten damit vollumfänglich helfen können. „Wir freuen uns, dass es endlich los geht“, erklärt auch Malteser-Bezirksgeschäftsführer Marc Lippe anlässlich der Vorstellung von Marc Riedling, die kürzlich auf der Rettungswache in Metzingen (Kreis Reutlingen) stattfand. „Wir haben uns lange dafür eingesetzt, dass diese sogenannten Delegationsmaßnahmen durch unsere Notfallsanitäter durchgeführt werden können, um den Patienten, etwa bei der Schmerzlinderung, schnell helfen zu können.“

Die neue Rechtslage sei, so Lippe weiter, „eine Riesensache für die Notfallsanitäter“. Außerdem führe dies zu einer Entlastung des gesamten Rettungsdienstes, da die Notärzte sich künftig auf diejenigen Notfälle fokussieren können, bei denen der Einsatz des Notarztes wirklich lebensrettend sein kann. „Unsere Notfallsanitäter haben künftig mehr Rechtssicherheit und können unseren Patienten effektiver Helfen und ihr Wissen anwenden - dafür haben wir gerne diese  neue Stelle geschaffen“, so Lippe abschließend. Entsprechend schnell haben die Malteser im Bezirk Neckar-Alb gehandelt, erklärt Lippe: „Wir sind einer der Ersten, die das umsetzen und den Notfallsanitätern damit mehr Rechte geben.“

Zur Person: Marc Riedling

Der 41-Jährige wohnt im Rems-Murr-Kreis und ist seit 2003 im Gesundheitssektor tätig. Der verheiratete Familienvater absolvierte zunächst die Ausbildung zum Rettungsassistenten und arbeitete im Rettungsdienst. Während des anschließenden Medizinstudiums übte Riedling pflegerische Tätigkeiten in der Notaufnahme und der Intensivstation der Uniklinik Lübeck aus. 2013 erfolgte die Approbation, 2016 der Erwerb der Zusatzbezeichnung Notfallmedinzin. Seither ist der dreifache Vater neben seiner Hauptätigkeit als Anästhesist an der RKH-Klinik Ludwigsburg als Notarzt im Rettungsdienst tätig. Zum 1. Juli ist Riedling zudem als ärztlicher Verantwortlicher Rettungsdienst (ÄVRD) bei den Maltesern im Bezirk Neckar-Alb tätig.


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